Rund 160 km nord-westlich von Riga liegt das Kap Kolka. Es zieht uns stark an diesen Ort der Begegnung. Von der lettischen Hauptstadt geht es durch den beliebten Urlaubsort Jurmala und weiter in den Kemeri Nationalpark. Der Kreisverkehr von Jurmala grüßt uns unterwegs mit bunten Blumen. Von hier fahren wir durch nicht enden wollende Kiefern- und Birkenwälder. Am Straßenrand parken vereinzelt Autos. Die wilden Heidelbeeren sind reif und werden begeistert gesammelt. Die Beeren werden frisch geerntet oder verarbeitet zu Marmeladen gemeinsam mit anderen lokalen Spezialitäten an einfachen Ständen in den Ortsdurchfahrten angeboten.
Die gesamte Küste ist begleitet vom baltischen Küstenwanderweg. Immer wieder sehen wir an der Straße Hinweistafeln zu Einstiegspunkten und Übersichtskarten. Der Weitwanderweg mit 72 Tagesetappen startet im Süden Litauens, führt an der Ostsee entlang durch Lettland und endet schließlich in Tallinn.
Angekommen am Kap Kolka spüren wir eine besondere Stimmung. Wir stehen an der nord-westlichen Spitze Lettlands. Hier treffen die Meeresströmungen der Ostsee auf die Bucht von Riga. Vom Parkplatz weisen uns hölzerne Schilder, die an Treibholz erinnern, den Weg zum Strand. Durch ein Tor aus Sandstein treten wir ein in diese faszinierende Landschaft. Die Skulptur trägt als Inschrift eine indirekte Warnung: Jüras Panemtiem. Vom Meer genommen. Ordentliche Wellen sind zu hören und zu sehen, spüren besser nicht – trotz wunderbarem Sandstrand ist hier schwimmen riskant und verboten. Die Strömungen sind zu stark, zahlreiche Schiffs-Wracks schlummern unter der Oberfläche. Wir setzen uns auf ein angeschwemmtes Treibholz und beobachten das Geschehen. Mutter Natur zeigt sich mit aller Mächtigkeit und eine Stunde später ganz sanft mit samtig weichem Sonnenuntergang. Wir nehmen wahr, dass die Besucher von Kap Kolka um die Kraft des Platzes wissen und ihm respektvoll begegnen.
Ein einzigartiger Ort, dem wir unsere Wertschätzung in Form eines Wald-Mandalas entgegen bringen. Aus dem Kiefernwald hinaus führt uns der Weg vorbei beim Waldcafè. Wir entdecken die herrliche Dachterrasse. Die dunklen Wolken beobachtend, setzten wir uns doch lieber auf die geschützte Terrasse darunter. Ein kurzer Regenguss gibt uns Recht, aber schon nach ein wenigen Minuten wird den Kindern die, vor dem Regen geschützte, Schaukel wieder in den Baum gehängt. Ein Team mit extrem umsichtigen Service. Die Karte begeistert uns mit vegetarischem Angebot, frisch gefangenem Fisch und einfallsreichen Kinder-Gerichten.
Wir fahren an der Küste wieder Richtung Riga. In Kaltene werden wir am Ausgangspunkt unserer Wanderung von einem Regenschauer überrascht. Eine spontane Planänderung bringt uns in das Schifffahrtsmuseum Kaltene. Eine kleine, aber feine Ausstellung im Obergeschoss des Gemeindezentrums. Wir probieren Seile händisch zu drehen, lernen über Fische und Vögel die an diesem felsigen Küstenabschnitt leben und zeichnen gemeinsam in der Spielecke. Als wir wieder vor die Tür treten hat sich der Regen verzogen und wir wandern auf naturnahen Wegen entlang der Küste. Zahlreiche Schwäne treiben im Wasser, sie verbringen hier die Sommermonate.
In der Hauptstadt Riga freuen wir uns über einen glücklichen Zufall: Für unseren geführten Rundgang „Jugendstil in Riga“ sind wir genau am Sonntag des Liederfestes in der Stadt. Alle fünf Jahre gibt es ein großes Kulturfestival mit rund 40.000 teilnehmenden Personen, viele davon Lett:innen die im Ausland leben und für das Event nach Hause kommen. Chöre, Orchester und aktive Kulturgruppen aus dem ganzen Land treffen sich in Riga um gemeinsam zu musizieren und zu tanzen. Wir spazieren zwischen den Volksgruppen dahin und bestaunen abwechselnd Fassaden und die traditionellen Trachten. Unzählige Blumenkränze zieren die Köpfe der Frauen, die Männer tragen Kränze aus feinen Eichen-Ästen. Ein Kranz schöner als der andere, weisen sie alle auf den wichtigsten Feiertag im Jahreskreis, den Johannistag (24. Juni) und das überall zelebrierte Fest des Mittsommers hin. Begleitet von musikalischen Darbietungen lernen wir die Architektur und die Straßen der Stadt Riga kennen. Ein berührendes Erlebnis.